Die Biosphäre Sierra del Rincón – eine Reise ins Unbekannte
Die Biosphäre Sierra del Rincón, ein Berggebiet zwischen den Massiven Ayllón und Somosierra, liegt weniger als hundert Kilometer von der spanischen Hauptstadt entfernt. Sie ist einer der schönsten und unbekanntesten Orte im nördlichsten Zipfel der Autonomen Gemeinschaft von Madrid. Die Biosphäre umfasst fünf Gemeinden mit einer Fläche von insgesamt 15.231 Hektar.
Am 29. Juni 2005 wurde die Region von der UNESCO zum Biosphärenreservat Sierra del Rincón erklärt. Damit ist sie nun Teil des 1976 von der UNESCO ins Leben gerufenen Weltnetzwerks von rund 500 Biosphärenreservaten in mehr als 100 Länder auf der ganzen Welt.
Die Anerkennung dieses einzigartigen Raums war das Ergebnis der Zusammenarbeit und des Einsatzes verschiedener Institutionen und Verwaltungen, insbesondere der Bewohner der dazugehörenden Gemeinden Horcajuelo de la Sierra, Prádena del Rincón, La Hiruela, Montejo de la Sierra und Puebla de la Sierra.
Wie komme ich hin?
Wenn du mit dem Auto von Madrid aus startest, nimmst du am besten die A1/E5 Richtung Burgos. Nach etwa 67 km biegst du an der Ausfahrt 76 ab und fährst auf der M137 nach Gandullas. Danach geht es auf der M132 weiter nach Prádena del Rincón. Das ist der erste Ort, der zur Biosphäre Sierra del Rincón gehört. Von dort aus erreichst du gut alle anderen Orte. Die Straße ist neu asphaltiert und gut gekennzeichnet, aber sehr kurvenreich. Oft kannst du nur 20 km/h fahren. Du bist halt im Hochgebirge.
Die fantastische Berglandschaft der Biosphäre Sierra del Rincón
Schon auf dem Weg von Gandullas nach Prádena tauchst du immer tiefer in die eminent bergige, ländliche und raue Orographie der Sierra del Rincón ein. Hier bewegst du dich auf Höhen zwischen 900 und 2047 Metern. Die Biosphäre ist reich an verschiedenen Ökosystemen. Du fährst durch Dehesas mit Pyrenäen-Eichen, Eichen und Buchen. In den Tälern findest du einige Eschen. An den Flussufern wachsen Weiden, Espen, Birken und Erlen. An den höheren Hängen ragen seltsame Felsformationen zwischen Geröll, aufgeforsteten Kiefernwäldern und Ginster hervor. Hinter Montejo wartet der geschützte südlichste Buchenwald Europas (Hayedo de Montejo) auf dich. Er ist der letzte Überrest der mitteleuropäischen Laubvegetation in Spanien.
Die zünftige Arbeit der alten Einwohner spiegelt sich unter anderem in den Kuhweiden von Puebla de la Sierra und La Hiruela wider. Die Dörfer sind von Trockenmauern umgeben. Das Land ist von außergewöhnlichen Eichen, Buchen und 100-jährigen Eiben und einzelnen katalogisierten Bäume bewachsen.
Deine Augen schweifen über eine mit verschiedenen Gesteinen aus Quarziten, Gneis und Schiefer gespickte Landschaft. Kombiniert mit den vielfältigen bunten Lebensräumen und der frischen, kräftigen Luft nach Laub und Kräutern genießt du ein einzigartiges Bild.
Gehst du gerne auf die Pirsch?
Die Artenvielfalt der Biosphäre Sierra del Rincón ist unglaublich. Sie enthält mehr als 1000 Tier- und Pflanzenarten. Darunter sind fast 200 Wirbeltier, von denen 140 seltene, endemische Tiere sind oder im regionalen Katalog der bedrohten Arten aufgeführt sind. Die natürlichen Bedingungen der Biosphäre Sierra del Rincón machen sie zu einem idealen Lebensraum für viele Arten. So kannst du Gänsegeier, Schwarzgeier, Steinadler, Zwergadler, Habicht, Rotmilan, Uhu, Waldkauz und einige kleinere Vögel wie die Kohlmeise und die Meise beobachten.
In der Sierra del Rincón triffst du auch Wildschweine, Rehe, Hirsche und Füchse an. Der Jarama-Fluss beheimatet sogar Otter.
Das Leben in der Biosphäre Sierra del Rincón
Abseits der traditionellen Durchgangsorte zwischen den beiden Hochebenen Kastiliens auf der Nord- und Südseite der Sierra Norte erlaubten die abrupte Orographie und das knappe Ackerland keine Ansiedlung großer Bevölkerungsgruppen.
Die Umweltbedingungen wie die geringe Fruchtbarkeit des Bodens und das raue Klima ermöglichten es seinen Einwohnern nur, eine Subsistenzwirtschaft aufzubauen. Dadurch erhielt die Region den Beinamen Sierra Pobre (Arme Berge). So ist es nicht verwunderlich, dass die Bevölkerungsdichte schon immer sehr dünn war. Während der Landflucht der 60er und 70er Jahre nahm die Bevölkerung weiter ab.
Die natürlichen Ressourcen des Landes trugen somit bei, dass die Landschaft von der Forstwirtschaft und extensiven Viehzucht geprägt ist. Bis 1920 gab es in Montejo noch 12 000 Schafe, 13 000 Ziegen und ungefähr tausend Kühe. Das verfügbare Bruttoeinkommen pro Kopf in den Dörfern lag 2007 unter 10.500 €. Das ist gerade mal ein Drittel von dem, was man im selben Zeitraum in der Hauptstadt Madrid verdiente (31.490€).
Erst durch die Verbesserung der Infrastruktur und des Nachrichtenwesens aufgrund der Entdeckung des Buchenwaldes von Montejo als Touristenziel hat sich die Situation gebessert. Dennoch waren 2019 nur insgesamt 678 Einwohner gemeldet. Das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 4,45 Einwohner/km2. Das Durchschnittsalter beträgt 49 Jahre (2016). Das sind klare Merkmale des „leeren Spaniens“.
Als der Hayedo de Montejo als Anziehungspunkt für Touristen entdeckt wurde, setzte auch eine Entwicklung der Modernisierung ein. Wenn du dir z. B. den Dokumentarfilm „Un país en la mochila – Sierra Norte de Madrid“ von José Antonio Labordeta anschaust, der am 4. November 1995 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, und die Häuser in diesem Film mit denen von heute vergleichst, siehst du einen himmelweiten Unterschied. Die traditionelle Architektur der Gegend mit Schiefer wurde zu meiner Freude beibehalten.
Die traditionelle Architektur ist das vermenschlichte Spiegelbild der Essenz der Berge
Horcajuelo de la Sierra, Montejo de la Sierra, La Hiruela, Prádena del Rincón und Puebla de la Sierra bewahren fast intakte, sehr interessante Bauten und Häuser und Gebäude für die landwirtschaftliche Nutzung. Die mit den Materialien der Region erbauten Berghäuser sind das vermenschlichte Spiegelbild der Essenz der Berge. Es handelt sich hier um einen sehr charakteristischen ländlichen Typ, den du in sonst keiner anderen Region Madrids findest. Das macht diese Dörfer zu besonders bezaubernden Orten. Obwohl die Häuser, wie ich schon erwähnte, größtenteils renoviert wurden, hat man das Gefühl, dass hier die Zeit stehen geblieben ist.
In Horcajuelo de la Sierra und La Hiruela kannst du kleine ethnografische Museen sowie eine sanierte Schmiede und Mühle besuchen. Die Kirchen von Horcajuelo de la Sierra und Montejo de la Sierra haben ein enormes Erbe und eine beeindruckende Schönheit. Ganz besonders hebt sich die Kirche Santo Domingo de Silos von Prádena del Rincón hervor, in der bei ihrer letzten Restaurierung ihre Glockengusswerkstätte und eine Nekropole des 12. Jh. ans Licht kamen.
Wenn du das architektonische und religiöse Erbe der Dörfer der Sierra del Rincón kennenlernen möchtest, nutze die in jedem Ort vorgeschlagenen Routen. Beachte dabei, dass die Kirchen nur am Wochenende geöffnet sind, wenn die Pfarrer zum Gottesdienst kommen. Das Innere der Kirchen von La Hiruela und Puebla wurde während des spanischen Bürgerkriegs zerstört, so dass sein Erbe neuer ist und du für den Besuch nicht lange brauchst.
Auf, auf du junger Wandersmann
In dem Gebiet der Biosphäre Sierra del Rincón wird der Naturschutz mit der Wahrung kultureller Werte sowie der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Einklang gebracht. Es lohnt sich echt, das ausgebaute und ausgezeichnete Netz von Wanderwegen zu nutzen, um durch ihre verschiedenen Landschaften, Ökosysteme und Gemeinden auf Entdeckungsreise zu gehen. Plane dir dafür ausreichend Zeit ein.
Wenn du alle Dörfer mit ihren Sehenswürdigkeiten und natürlichen Reizen einschließlich der Kerngebiete des Biosphärenreservats, der Dehesa Boyal (Weidewald) von Puebla und den Buchenwald Hayedo de Montejo kennenlernen möchtest, wirst du bestimmt sieben Tage investieren müssen.
Soweit ich sehen konnte, gibt es in allen Dörfern Informationspunkte/Touristenbüros wo du ausführliche Information zu den Sehenswürdigkeiten und Wanderwegen erhältst. Es werden dir drei Arten von Routen vorgeschlagen: Tagesstrecken, Strecken für ein Wochenende und eine große Route, die eine Woche dauert. Diese Vorschläge werden noch durch vom Ministerium für Umwelt und Raumplanung der Gemeinschaft Madrid geförderte grüne Pfade ergänzt. Du kannst also deine Zeit bestens planen und voll auf deine Kosten kommen.
Dieser Beitrag ist auch in Spanisch verfügbar
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